So durstig ist unsere Kleidung
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Die globale Modeindustrie, insbesondere Fast Fashion, hat weltweit einen enorm hohen Wasserverschleiß – vor allem in den Regionen wirtschaftlich benachteiligter Länder, die unter akutem Wassermangel leiden. Gleichzeitig haben etwa 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das sind mehr als 25 Prozent der Weltbevölkerung. Unser Verlangen nach neuer Kleidung hat weltweit drastische Folgen und verschwendet die lebenswichtige Ressource Wasser.
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Ludwig Gloger ist Referent für humanitäre Hilfe bei Oxfam und beschäftigt sich mit WASH-Projekten (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene). Dabei geht es darum, Menschen in Konflikt- oder Krisen-Situationen einen Mindeststandard an Wasser und Sanitär zur Verfügung zu stellen. Unter anderem ist Oxfam aktuell gemeinsam mit Partnerorganisationen im Südsudan tätig und versorgt dort Vertriebene.
Oxfam setzt weltweit eine Vielzahl an WASH-Maßnahmen um, die Menschen in Notlagen oder strukturell benachteiligten Regionen Zugang zu sauberem Wasser, sicheren sanitären Einrichtungen und grundlegender Hygiene verschaffen sollen.
Ludwig hat folgende Fakten in Bezug auf Oxfams tägliche Arbeit eingeordnet, die den Wasserverbrauch der Textilindustrie weltweit verdeutlichen.
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Um dein T-Shirt herzustellen, braucht es 2.700 Liter Wasser – genug, um einen Tag lang den Durst von 1.800 Menschen zu stillen.
2.700 Liter, um 1.800 Menschen einen Tag lang mit Trinkwasser zu versorgen: Das entspricht nur einem reinen Wasserbedarf zum Trinken von mindestens 1,5 Litern am Tag – abhängig von klimatischen Bedingungen und der individuellen Physiologie. Das Wasser brauchen wir Menschen an anderen Stellen dringender als für die Herstellung von Kleidung. So beispielsweise auch im Alltag: Für einen Mindeststandard an Körperhygiene werden 2 – 6 Liter und für die Zubereitung von Mahlzeiten 3 – 6 Liter veranschlagt. Das ist jeweils abhängig von sozialen und kulturellen Normen.
Diese Werte sind Teil der international anerkannten Mindeststandards für humanitäre Hilfe, die sicherstellen sollen, dass betroffene Menschen in Katastrophen und Konflikten ein Leben in Würde führen können.
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Unser Modekonsum verbraucht jährlich 6.5 Milliarden Kubikmeter Wasser – das ist die Hälfte von dem, was die gesamte deutsche Industrie im Jahr nutzt.
Besonders problematisch an dem Modekonsum und seinem Wasserverbrauch ist, dass der hauptsächliche Anteil auf den Anbau von Baumwolle entfällt, der enorme Wasserressourcen in Ländern wie Usbekistan verbraucht, die ohnehin stark von zunehmender Trockenheit und den negativen Auswirkungen der Klimaveränderung betroffenen sind. Hier in Deutschland, wo die Textilien konsumiert werden, sind diese fortschreitenden Bedrohungen für Mensch und Umwelt in den Herstellungsländern oft nicht bewusst – und auch nicht sichtbar.
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In deinem Kleiderschrank stecken rund 700.000 Liter Wasser. Das sind etwa 4.700 Badewannenfüllungen. Damit könnte man 90 Jahre lang wöchentlich baden.
Ein Verbrauch von 150 Liter Trinkwasser, nur um eine Badewanne randvoll für ein Bad zu füllen? Unvorstellbar für Menschen, die z.B. in großen Camps für Geflüchtete in Ländern wie Äthiopien, Südsudan, Bangladesch oder im Gazastreifen leben.
Die Realität dieser Menschen ist, dass weder die für uns selbstverständliche sanitären Einrichtungen wie Spültoiletten, Waschbecken, geschweige denn Duschen und Badewannen vorhanden sind, noch dass von einem derart großen Frischwasserangebot die Rede sein kann. Diese Menschen müssen mit 7,5 bis 15 Liter Wasser am Tag zurechtkommen und zusätzlich Wartezeiten, lange Wege und gelegentliche Service-Ausfälle in Kauf nehmen. -
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Allein durch das längere Tragen einer Jeans – neun statt drei Monate – können bis zu 16.000 Liter Wasser gespart werden. Das entspricht dem Verbrauch eines deutschen Haushalts in vier Monaten.
Der hohe Verbrauch an Wasser zur Herstellung von Kleidung ist nicht der einzige kritische Aspekt. Sie trägt auch erheblich zur Wasserverschmutzung bei: Zum Beispiel werden bei einer Jeans giftige Chemikalien in der Färbung und Verarbeitung eingesetzt, die dann oft ungefiltert in Flüsse und Seen gelangen.
Besonders in Ländern mit schwacher Umweltgesetzgebung verschmutzt die Textilindustrie lokale Wasserquellen und gefährdet damit die Gesundheit von Menschen und Ökosystemen.Und der intensive Wasserverbrauch beim Anbau von Baumwolle führt zu Pestizidrückständen im Abwasser. Zudem gelangen durch das Waschen von synthetischer Kleidung Mikroplastikpartikel ins Abwasser, die in Kläranlagen kaum gefiltert werden können.
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Nicht nur nachhaltig, auch schön!
Der Secondhand September der Oxfam Shops in Deutschland macht nicht nur darauf aufmerksam, wie viel Wasser bei der Herstellung neuer Kleidung verbraucht wird und wie viel man davon sparen kann, wenn man Secondhand-Kleidung trägt – er zeigt auch, dass diese sich sehen lassen kann!