Camille Bühler (28) wirkt frisch und voller Energie – und das obwohl sie kürzlich erst aufgestanden ist nach ihrer Nachtschicht im Vivantes Klinikum Berlin. Neben ihrem Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) arbeitet Camille dort überwiegend nachts im Stationsdienst als Betreuerin. Seit der Wiedereröffnung der Oxfam Shops im Mai – nach dem ersten Lockdown – ist sie außerdem jeden Freitag ehrenamtlich im Oxfam Shop Berlin-Kreuzberg aktiv.

„Die Not bleibt, auch wenn Corona da ist.“

Als sie gelesen hat, dass der Kreuzberger Shop nach neuen Freiwilligen sucht, ist Camille „einfach mal direkt vorbeigefahren“ und geblieben, weil es ihr gefallen hat. „Durch Corona und weil die Ehrenamtlichen in den Oxfam Shops überwiegend zur Risiko-Gruppe gehören, sind die Jungen gefragt. Und bevor der Laden schließen muss, bin ich dabei“, erzählt sie, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres. „Erst dachte ich, dass ich mitmache, bis die schwierige Lage vorbei ist. Aber jetzt möchte ich – unabhängig von Corona – solange bleiben, wie es mir möglich ist.“

Ein Konzept, wie das der Oxfam Shops, ist Camille schon im Süden Deutschlands begegnet, wo sie einige Jahre verbracht hatte. Dort gab es einen kleinen Secondhand-Laden in dem Ehrenamtliche Sachspenden verkauft haben. „Ich fand das nachhaltige Konzept sehr charmant und unterstützenswert“, erinnert sie sich. Dass bei den Oxfam Shops zusätzlich ein guter Zweck dahinter steht, findet Camille gerade in der Zeit der Pandemie wichtig: „Die Not bleibt, auch wenn Corona da ist, sie wird eher noch größer.“

Schuhe, Taschen und Jacken gehen während Camilles Schicht durch ihre Hände. Eine bestimmte Expertise braucht sie dafür nicht. „Außer der klassischen Shopping-Erfahrung, die Frauen meines Alters mitbringen, hatte ich keine bestimmten Kenntnisse“, sagt sie. Ob Sachspenden annehmen, Preise machen oder Kassieren: „Alles andere lernt man im Shop.“ So einfach ist das.

Ein super Ort, um Menschen kennenzulernen

Camille mag es, mit Team-Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen, das Miteinander und die Atmosphäre im Shop. Im Gegensatz zu anderen Jobs bleibt Zeit, sich kennenzulernen. Zu ihrem Team ist sie zuletzt dazugekommen und wurde mit offenen Armen und offener Art empfangen – „janz Berlin“, scherzt sie, Tochter einer Ur-Berlinerin.

Weil Camille als Studentin sonst überwiegend mit Studierenden zu tun hat, ist die Gesellschaft im Shop eine willkommene Abwechslung. „Dort kommt man mal mit anderen Leuten in Kontakt. Wenn man neu in der Stadt ist, ist das ein super Ort, um Menschen kennenzulernen. Es gibt eine bunte Vielfalt an Persönlichkeiten hier. Jeder hat seinen eigenen Kopf und bringt seine Erfahrungen mit. Man kann viel voneinander lernen und das macht Spaß.“
Auch wenn Camilles Schicht-Kolleg*innen überwiegend jung sind, ist es doch ein Mehrgenerationsteam. „Aber die, die älter sind, sind im Herzen genauso alt wie wir jüngeren“, lächelt sie.

Für Camille ist es das erste Ehrenamt. Über ihre neue Erfahrung sagt sie: „Es ist schön zu sehen, wie verantwortungsvoll im Shop gearbeitet wird.“

Spannendes erleben und entdecken

Der modische Aspekt bei der Arbeit im Shop spricht Camille an. „In Secondhand-Läden gibt es spannende Sachen zu entdecken: von noch nie getragenen Vintage-Schuhen bis hin zu neuen Sachen, die es aktuell im Kaufhaus gibt“, erzählt sie. „Besonders für junge Leute, die Mode-interessiert und Shopping-begeistert sind, ist das reizvoll.“

Am Ende sind es die vielseitigen Sachspenden, die das Angebot der Oxfam Shops ausmachen – und einige der Sachspenden-Ereignisse bleiben im Gedächtnis: „Einmal ist jemand in den Shop gekommen und hat gefragt, ob wir Buch-Spenden annehmen. Ja natürlich, tun wir, war unsere Reaktion. Was wir nicht wussten: Der Sachspender hatte nach dem Tod seiner Oma ihre komplette hinterlassene Bibliothek in seinem Van – der ganze Transporter voller Bücher, hunderte! So eine Menge können wir natürlich nicht auf einmal stemmen. Trotzdem bin ich noch in den Van gekrochen, um ein paar Stapel Bücher für den Verkauf im Oxfam Shop dort rauszuholen.“